ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Straßen & Strecken

BAB A10: Leipziger Dreieck • Abzweig Leipzig • Dreieck Potsdam
Brandenburger Dreieck • Abzweig Magdeburg • Dreieck Werder

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Am 11. Januar 1927 fand auf Anregung des Leiters des Verkehrsamtes Leipzig, Stadtrat Dr. Leiske, eine Autofernstraßen-Tagung2 statt. Gegenstand der Beratung war der Gedankenaustausch über geeignete Lösungen, um dem in der zweiten Hälfte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts kontinuierlich ansteigendem Verkehrsaufkommen mit Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Die aus dem 19. Jahrhundert überkommenen und zur angegebene Zeit noch weitgehend das Niveau der Straßen bestimmenden Eigenschaften hinsichtlich Trassierung und Straßenbelag entsprachen in keiner Weise den neuen Anforderungen und hemmten damit auch die Entwicklung leistungsfähiger Straßenverkehrsfahrzeuge.

Welche Straßenverbindungen, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus, als erforderlich angesehen wurden, geht gleich aus den ersten Absätzen des Vortrages von Dr.-Ing. Speck aus Dresden hervor. Er führte aus:

"So sollen 7 Autofernstraßen in Angriff genommen und bis 1931 fertiggestellt werden und zwar zwei West-Ost-Linien:
  1. mit Anschluss von Brüssel, bei Aachen beginnend, über Köln, Düsseldorf-Kreiensen-Magdeburg-Berlin-Schneidemühl-Danzig-Elbing-Königsberg ,mit Anschluss in der Richtung nach Petersburg und Moskau mit einer Länge von 1200 km,
  2. mit Anschluss von Frankreich über Metz, bei Saarbrücken beginnend, über Mainz-Frankfurt-Fulda-Erfurt-Leipzig-Dresden-Görlitz-Liegnitz-Oppeln mit Anschluss nach Krakau, 950 km lang.
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Dazu treten drei Verbindungsstraßen:
  1. Stettin-Berlin-Leipzig-Hof-Nürnberg ..."

Im Weiteren nennt Speck die HAFRABA, welche sich insbesondere eine Verbindung der Hansestädte mit Frankfurt/M. und Basel vorgenommen hat um sogleich auf den engeren Gegenstand der Tagung, eine Fernstraße von Berlin über Leipzig nach Müchen, einzugehen und diesem Projekt auch einen Namen zu geben: "Müleiberl".

Unter "VI. Fernstraße Berlin - Leipzig - München" geht Speck dann konkret auf diese Städteverbindung ein. Er zeigt anhand einer Verkehrskarte den möglichen Streckenverlauf und legt den Teilnehmern dar, aus welchen Überlegungen heraus er zu diesem gekommen war.

Welcher Art die Fernstraßenverbindung sein sollte, ob als Ausbau bestehender Straßen (sog. "Ausbaustraße") oder als "Nur-Autostraße", die dem ausschließlichen Motorkraftverkehr vorzubehalten ist, machte Speck keine Angaben, wies jedoch auf die Vor- und Nachteile dieser Straßenarten hin. Den Begriff der "Autobahnstraße" sah er zwar als treffend an, doch fehlte ihm der Glaube an eine momentane Verständlichkeit durch die Allgemeinheit.

Bei Betrachtung der weiteren Vorträge auf der Tagung zeigt sich die große Bedeutung, die der besprochenen Fernstraßenverbindung beigemessen wurde und dass eine Strecke Berlin - Leipzig - München, welcher konkreten Art auch immer, stets zum Kern eines gesamtdeutschen Straßenverkehrsnetzes gezählt wurde. Es verwundert deshalb nicht, dass zu Beginn der Reichsautobahnbaues die heutige BAB A9 mit zu den ersten in Angriff genommenen RAB gehörte.

Die Bedeutung der Strecke zeigt sich auch daran, dass beim späteren Bau der Reichsautobahnen, im Abzweig vom Berliner Ring nach Leipzig - München, die Richtungsfahrbahnen vom Südring auf die freie Strecke bzw. die Einfahrt von Leipzig auf den Berliner Ring in Richtung Berliner Stadtzentrum als durchgehende Fahrbahnen gebaut wurden. So gesehen, zweigt der Westring eigentlich vom Berliner (Süd-)Ring ab.

Karte

Quelle: "Der Deutsche Straßenverkehr" Heft 5 (1980)

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Dieser Anblick der sog. "Nullbrücke" bot sich den von Leipzig/Halle kommenden Kraftfahrern, nachdem sie die Bärenbrücke, das mit dem Bärenrelief geschmückte letzte Überführungsbauwerk vor dem Berliner Ring, passiert hatten.

Die Bezeichnung "Nullbrücke" für die Kreuzungsbauwerke in den trompetenförmigen Autobahndreiecken des Berliner Rings wird umgangssprachlich von den Mitarbeitern der Autobahnmeistereien benutzt. Diese Brücken bildeten seit ihrem Bau den Beginn der Kilometrierung1 für die vom Ring ausgehenden freien Strecken nach Stettin, Frankfurt (O), Breslau/Dresden, Leipzig/Halle und Magdeburg/Hannover.

Quelle: Die Straße
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Das Kreuzungsbauwerk im Leipziger Dreieck/Abzweig Leipzig bietet insbesondere von der Unterseite her dem Betrachter eine gewisse technische Ästhetik. Nach Unterquerung der Brücke und weiteren ca. 200 Metern bogen Fahrzeuge in Richtung Westring nach rechts ab und passierten die bis zu einem Winkel von 45 Grad nach Außen ansteigende Steilkurve. Die Ausführung der Steilkurve ist lt. Verkehrstechnische Woche, Heft 46 v. 16. November 1938, S. 563 die erste der Reichsautobahnen mit einer solchen Querneigung. Im Beitrag6 heißt es dazu: "Dies ist jedoch nicht mit der Absicht geschehen, den Fahrer dazu zu verleiten, die Kurve mit möglichst großer Geschwindigkeit zu durchfahren, sondern lediglich, um den Versuch zu machen, dem Fahrer eine größere Sicherheit zu geben, falls er die Kurve einmal nicht richtig anschneidet."

zLDr2 Quelle: Sammlung R. Arndt
Quelle: Die Straße

 

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Ebenso, wie das Autobahndreieck Potsdam für die abzweigende Strecke nach Leipzig/Halle - Nürnberg - München, hat auch die im Autobahndreieck Werder beginnende Bundesautobahn A2 nach Magdeburg - Hannover und weiter ins Westfälische eine über die Grenzen Deutschlands hinausgehende Verkehrsbedeutung. So war es nur folgerichtig, dass der sechsstreifige Ausbau in den Katalog der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) aufgenommen und die Realisierung in den ersten Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung vollzogen wurde.

Quelle: Auto-Atlas DDR, VEB Tourist Verlag Berlin/Leipzig,
9. Aufl. 1981

Das ursprünglich Brandenburger Dreieck und in der DDR 'Abzweig Magdeburg' genannte heutige Autobahndreieck Werder hat eine gravierende Veränderung erfahren, als insbesondere nach Abschluss des Transitabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik das Verkehrsaufkommen über die Transitautobahn enorm zunahm. Mielke4 schreibt noch 1984: "Nach einigen weiteren Kilometern Fahrt durch die märkische Heide, an den Renne-Bergen und der Feldmark Bliesendorf vorbei, erreichen wir den Abzweig Brandenburger Dreieck, unterfahren in einer scharfen Rechtskurve den Berliner Ring und befinden uns auf der - wie in der Einleitung bereits ausgeführt - 1936 eröffneten Autobahn nach Hannover." Der Verkehrsstrom in Richtung Westen konnte unmöglich weiter durch die ehemalige Steilkurve mit ihrem engen Radius von 50 m geführt werden. Es wurde deshalb eine Kurve gebaut, die durch ihren Radius von 170 m ein gefahrloses Passieren mit 80 km/h zuließ.

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Verlauf der verschiedenen Lösungen zur Anbindung der Strecke Berliner Ring - Magdeburg.
Grün sind die ursprünglichen Äste mit der obligatorischen Steilkurve für die Fahrbahn Südring - Magdeburg. Die Änderungen nach dem Umbau durch die DDR zeigen sich als violett gestrichelte Linien. Die heute vorliegende Variante mit zwei "Überfliegern" ist rot dargestellt.
Die von R. Arndt bearbeitete Skizze nutzt den Druck einer DEGES-Veröffentlichung3

Im Gegensatz zum Leipziger Dreieck sind beim Brandenburger Dreieck am Kilometer 107 die Richtungsfahrbahnen des Berliner Rings durchgehend. Die Strecke nach Magdeburg zweigt also vom Ring ab. Während des Baues des Dreiecks aber war der Ring in südliche Richtung nach Leipziger Dreieck/Michendorf noch gar nicht geschlossen. Dies geht aus einem Aufsatz5 von Ewald in der Zeitschrift "Der Straßenbau" hervor.

Text: H. Schneider, Siehdichum 2011
unter Mitwirkung von R. Arndt, Jüterbog und H.-W. Schmidt, Berlin

Die Autobahndreiecke und -kreuze des Berliner Rings
AD Schwanebeck: Abzweig der BAB A11 (Strecke 54)
AD Spreeau: Abzweig der BAB A12 (Strecke 58)
AK Schönefeld: Abzweig der BAB A13 und BAB A113 von der BAB A10
AD Nuthetal: Abzweig der BAB A115 von der BAB A10
AD Havelland (Abzweig Rostock): Abzweig der BAB A24 nach Hamburg
in Vorbereitung
AK Oranienburg: Abzweig der BAB A111 sowie Kreuzung der B 96
AD Pankow: Abzweig der BAB A114
Wo wurde dieses Foto "geschossen"

Schrifttum

Quelle: Hafen, P. "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen", Ferdinand Dümmlers Verlag, 1956

1 [495 03, S. 602]
Hoffmann, R.: Kilometrierung der Reichsautobahnen
Die Straße 6 (1939), H. 15, S. 486-488 (3 S., 7 Abb.)
Inhalt: Bedeutung der Einheitlichkeit. Nullpunkt für alle von Berlin ausgehenden Linien am Ring, für die übrigen an einer die Linie abschließenden großen Stadt. Die Kilometrierung wird möglichst weit durchgeführt, auch in Abzweige. Netzplan der Kilometrierung. Alle 500 m Kilometerstein im Mittelstreifen. Fernzieltafeln.

2 [026 07 S. 28]
Schriftenreihe des Ratsverkehrsamtes Leipzig
Bericht von der Autofernstraßen-Tagung Leipzig, Neues Rathaus, 11. Januar 1927
Inhalt: Nach Vorträgen von Speck, Pflug, Vilbig, Rappaport, Otzen u.a., bei denen die Frage: 'Ausbau der vorhandenen Straßen oder neue Nurautostraße' und die Linienführung besprochen wurde, werden Richtlinien angenommen,wonach zunächst Fernstraßen im Zuge des bestehenden Staatsstraßensystems ausgebaut werden sollen. Gründung einer Arbeitsgemeinschaft für eine Fernverkehrsstraße Berlin-Rom mit Sitz in Müchen.
Im AfASG: [B017390]

[134 02, S. 163]
Blöcker, W. H.: Der Reichsautobahnring um Berlin.
Autobahn 8 (1935).H. 1, S. 22-29 (8 S., 12 Abb.)
Inhalt: Studie über die Linienführung des rd. 190 km langen Berliner Ringes, ferner über Anschlußstellen und Dreiecksverbindungen.

[134 19, S. 165]
Usinger, C.: Der Berliner Ring der Reichsautobahnen.
Die Straße 4 (1937) H. 6, S 148-149) (2 S., 2 Abb.)
Inhalt: Elipsenartiger Ring von 187 km Länge mit 60 km größtem und 35 km kleinstem Durchmesser. Programm: Ende Mai 1937 sollen 35 km, Ende des Jahres rd. 85 km, Ende 1938 rd. 133 und Ende 1940 der ganze Ring befahrbar sein. Einmündung von sechs Autobahnlinien in Form einer Trompete, 19 Anschlussstellen. Für die Anfahrt vom Stadtinnern zum Ring müssen noch befriedegende Lösungen gesucht werden. Lageplan des Rings.

[134 06, S. 164]
Kaftan, K. G.: Der Autobahnring um Berlin.
Wasser- und Wegebau-Z. 33 (1935) H. 20, 5.261-264 (2½ S., 10 Abb.)
Inhalt: Beschreibung der Ausfallstraßen und des Autobahnringes um Berlin: Gesamtanordnung, wichtige Bauwerke, Geländeschwierigkeiten, Hinweis auf erschlossene landschaftliche Schönheiten, bemerkenswerte Ausführung der Autobahndreiecke mit nur einem Bauwerk; Bauausführung und Stand der Arbeiten.

[134 07, S. 164]
Kölzow: Der Anschluss Berlins an die Reichsautobahnen.
Autobahn 8 (1935) H. 1, S. 40-42 (2 S.)
Inhalt: Entwicklung des Fahrzeugbestandes. Die Autobahn ist als Ring, Tangentenviereck oder -Dreieck möglichst weit (durchschnittlich 30-35 km vom Stadtinnern) zu führen. Keine Stichbahnen im Innern dieses Ringes. Der Ring muß geschlossen sein.

5 [341 12 S. 457]
Ewald, H.: Der Bau der Kraftfahrbahndecken am Brandenburger Dreieck.
Straßenbau 27 (1936) H. 17, S. 256-259 (3 S., 7 Abb.)
Inhalt: Ausführliche Beschreibung der Bauausführung dieser nach der Trompetenlösung ausgebildeten Anschlussstrecke.
Im AfASG: [S017498]

6 [134 68 S. 168]
Eröffnung der Reichsautobahnstrecke Berlin - Halle/Leipzig
in: Verkehrstechnische Woche 32 (1938) H. 46, S. 561-564 (4 S., 6 Abb.)
Inhalt: Beschreibung der Strecke, Anschlussstellen. Geologiche Verhältnisse Verkehrspolitische Bedeutung der Strecke. Die 14 km lange Rekordstrecke. Ausbau auf den Normalstrecken. Das Leipziger Dreieck am Berliner Ring. Die Brücken.
Im AfASG: [S017485]


 

Weiteres Schrifttum

3[D017431]
DEGES: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 11
A 10 Berliner Ring
Autobahndreieck Potsdam/Autobahndreieck Werder
Informationsschrift, (8 S., 7 Abb., 3 Karten, 2 Skizzen)
Inhalt: Zwei bedeutende Verkehrsknoten im Südwesten Berlins. a) Autobahndreieck Potsdam (A9/A10); b) Autobahndreieck Werder (A2/A10); -Veränderte Lage; -Flächengewinn; c) Landschaftspflegerischer Begleitplan

4[B017488]
Mielke, Hans-Jürgen: Die Autobahn Berlin - Helmstedt | Über 160 km Langeweile?
Dietrich Reimer Verlag, 1984 - ISBN: 3-496-00787

6 [S017485]
Eröffnung der Reichsautobahnstrecke Berlin - Halle/Leipzig
in: Verkehrstechnische Woche 32 (1938) H. 46, S. 561-564 (4 S., 6 Abb.)